14.09.2019
Going retro
Es gibt so Monate, da geht irgendwie alles kaputt. Nachdem mein Handy vor kurzem verblichen ist hat es nun auch meinen Laptop erwischt. Der Lenovo... nein, Korrektur
IBM R60 zeigt seit kurzem nur noch Streifen auf dem Display an und gibt bei jedem Tastendruck und jeder Bewegung der Maus komische, rauschende Geräusche von sich. Nun, wieder was aus der Kategorie "Da muss ich mich irgendwann mal drum kümmern"...
Was also tun?
Nun, ich habe ein Projekt gestartet das mich schon seit Wochen / Monaten beschäftigt: Wie könnte ein Gerät im Jahre 2019 mithalten, das irgendwo ums Jahr 2003 herum mal neu war? Da mein Vater ein nahezu unerschöpflicher Quell an Altelektronik ist war er auch hier mein erster Anlaufpunkt: Irgendwann ums Jahr 2003 herum hatte er einen "Pseudolaptop" der Firma ECS erworben. Wieso Pseudolaptop? Nun, das gute Stück hat alles was ein Laptop haben müsste, nur aber keinen Akku. Klingt merkwürdig? Eigentlich nicht. Bis in die 1990er Jahre hinein gab es eine Computerkategorie namens "Tragbare Computer", keine Laptops sondern vollwertige Desktoppcs verpackt in eine mehr oder weniger gut portable Hülle. Ganz Ähnlich sieht das Konzept hinter dem ECS "Laptop" aus: Man bekommt ein (mehr oder weniger) vollwertiges Desktop-Mainboard und gut erreichbare und austauschbare Komponenten in einer leichten und gut portablen Hülle, die zudem auch noch wesentlich günstiger war als andere Laptops ihrer Generation. Als weitere Besonderheit werkelt im Inneren der maschine ein
Transmeta Crusoe, ein sehr energiesparender, wenn auch eher schwachbrüstiger Prozessor.
Technische Daten
- RAM: 512 MB Shared Memory
- CPU: 533 Mhz
- Festplatte: 20 GB
Wahrlich keine Rakete...
Was muss man also tun?
Keep it simple!
Die Wahl des Betriebssystems fiel auf OpenBSD, hiermit habe ich bereits seit langer Zeit gute Erfahrungen gerade auf älterer Hardware gemacht, mit keinem Linux konnte ich bisher teils so obskure Hardware ans laufen bringen wie hiermit.
Da das Booten per USB dem ECS Laptop nicht vermittelbar war musste ich mir (zum ersten mal seit Jahren) wieder eine Boot-CD brennen. Von CD bootete der Oldie allerdings dann völlig unkompliziert, die weitere Installation mit Standardeinstellungen verlief ebenfalls völlig unspektakulär. Einziger auffälliger Punkt der demnächst noch zu fixen ist: Die BIOS Batterie ist leer.
Nach dem Reboot begrüsste mich der bei BSD in der Standardkonfiguration mitgelieferte FVWM als Windowmanager, nun konnte es ans Eingemachte gehen.
Was für eine Software sollte man auf so einem System einsetzen? Ich entschied mich für folgendes Setup:
- Fenstermanager: IceWM
-
- Email: Alpine
- Browser: w3m, Netsurf
- Editor: GNU Emacs
- Dateimanager: Midnight Commander, PCManFM
- Textverarbeitung: LaTeX, Wordgrinder
- PDF-Viewer: Xpdf
- Mediaplayer: mplayer
Und, wie isser denn nun im Alltag?
Nun, was soll ich sagen? Die Geschwindigkeit ist (erstaunlicherweise!) absolut ausreichend! Natürlich muss man Abstriche machen: YouTube ist schlicht nicht möglich (aber dafür gibts nette Konsolentools, z.B. yt_downloader...), und man sollte natürlich auch nicht erwarten hiermit fü,nfhundertdrölfzig Browsertabs offen haben und nebenbei mehrere RAW Bilder editieren zu können. Aber ansonsten? Das Web funktioniert und ist dank Netsurf erstaunlich flott und werbefrei, Multimedia funktioniert im gewissen Rahmen (lokal gespeicherte Musik und Videos sind kein Problem, DVD muss noch getestet werden) und meine Produktivität ist erstaunlicherweise enorm gestiegen.
Was kann der geneigte Leser aus diesen Erfahrungen lernen? Nun, vielleicht, dass YoutTube und Co. nicht alles sind und neue Hardwareanschaffungen vielleicht doch nicht annähernd so häufig notwendig wie von der Industrie gewünscht sind...
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